Gerhard-Goßmann-Ausstellung
In einer Tafel der Ausstellung über den Fürstenwalder Künstler Gerhard Goßmann heißt es „Am Ende seiner Schulzeit bekam Goßmann ein mittelmäßiges Zeugnis. Seine Lehrer empfahlen ihm, Lithograf zu werden“.
Mit der Ausstellung der Rathaus-Galerie Fürstenwalde über den Illustrator und Grafiker Gerhard Goßmann beschäftigen wir uns mit einem Menschen, der in den bewegten Zeiten zwischen den beiden Weltkriegen Jugendlicher war, der als junger Erwachsener bereits 1939 in den zweiten Weltkrieg einbezogen wurde und der die DDR seit ihrer Gründung miterlebte.*
Bekannt sind Goßmanns Radierungen und Feder-Tusche-Zeichnungen aus Büchern wie “Der letzte Mohikaner” und “Lederstrumpf” oder “Don Quichote”.
Aber die Ausstellungsbesucher sind insbesondere überrascht von seinen Illustrationen von mongolischen Sagen und osteuropäischen Märchen sowie von der Bebilderung phantastischer Geschichten für Kinder, die nicht ins stereotype Bild von Kinder- und Jugendliteratur einer angeblich konformen Gesellschaft passen wollen.
Seine Gemälde mögen auf den ersten Blick einen etwas angestaubten Eindruck machen, bieten aber Anreiz näher zu forschen: So sind auf Ihnen zum Beispiel Menschen aus der ganzen Welt zu sehen: Kinder aus Karelien, ein Mann vor einer Moschee im Kaukasus, eine Afrikanerin als Madonna. Wollte er damit Vielfalt und Offenheit darstellen? Wir fragten uns, wie viele Migranten es denn wohl in der DDR gegeben hatte.
Das Ende der BRD und der DDR und der Anfang des wiedervereinigten Deutschlands fielen in Gerhard Goßmanns letzte Lebensphase. In dieser Zeit sind auch Gemälde entstanden, die den zweiten Weltkrieg thematisieren. Auffallend ist, das im Jahr 1989 Gemälde zu den Mai-Demonstrationen von 1929 entstanden sind.
Besonders interessant ist die Reaktion junger Leute, die Zeiten der zwei Deutschlands, DDR und BRD, nicht persönlich erlebt haben. Kim Schwerm hat sich damit auseinandergesetzt, das Mehrschichtige, die Grenzüberschreitung und die Schnittstelle zu finden. Hier sehen wir, wie sie sich Goßmanns Bilderwelt angenähert hat. Sie suchte Ausschnitte seiner Illustrationen und Gemälde und kombinierte sie mit verschiedenen Materialien und druckgrafischen Mitteln zu Collagen.
All diese Aktivitäten gehören zu unserem Projekt Spaltpilz und Schwedenbecher.
Im Kulturaustausch mit dem Landkreis Oder-Spree hatten wir unseren Horizont schon erweitern können: Unter dem Titel „Kultur ist Trumpf“ stellten sich Kulturorte des Landkreis Oder-Spree in Krefeld vor.
Künstler*innen aus Oder-Spree und Krefeld tauschten sich im Südbahnhof über Erfahrungen, Brüche und Entscheidungen im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands aus.
Sie waren in der DDR kreativ mit Gegebenem umgegangen und hatten eigentlich gute Voraussetzungen gehabt, mit Veränderungsprozessen umzugehen. Denn auch in der DDR hatten Menschen individuelle Haltungen und Strategien. Doch die Voraussetzungen für eine deutsche Einheit waren schwierig und von einem starken Gefälle gezeichnet. Wir diskutierten mit Herbert Schirmer und Harry von Bargen, über die Schwierigkeit einer gemeinsamen Neuausrichtung, mit Landrat Lindemann über Staatsauftrag und Praxis, mit Guido Strohfeldt vom Museum Fürstenwalde und Sandra Franz von der NS-Dokumentationsstelle Krefeld über unterschiedliche Aufarbeitung der NS-Geschichte.
*Goßmanns Biografie
1911 geboren, Ausbildung zum Lithografen in Berlin, 1931 arbeitslos, 1930er Jahre in der Grafik-Meisterklasse von Georg Salter, Berlin, ab 1935 freiberuflich als Grafiker tätig, 1939 als Soldat im 2. Weltkrieg, 1945 entschlossen, am Aufbau der DDR mitzuwirken, in den 1950er Jahren Stadtverordneter und Vorsitzender im Verband Bildender Künstler Frankfurt/Oder – beliebter Lehrer – Einsatz für seine wegen antidemokratischen Verhaltens verhaftete Lehrerkollegin, 1962 Rückzug aus führenden Funktionen, Tätigkeit als Lehrer, Künstler und Illustrator, gestorben 1994
Das ist eine informative und gut gemachte kleine “Führung” durch die Ausstellung. Vielen Dank.