Was bedeutet Abschiebung?
Hier kann man die Zusammenfassung der Veranstaltung am 10.10.2018 , die die Teilnehmer des Jugendprojektes gemacht haben, anhören.
Roma brauchen Schutz vor Verfolgung und Ausgrenzung
Am 10. Oktober 2018 zeigten wir den Film „The Awakening“ von Kenan Emini.
Im Zusammenhang mit Roma in Deutschland und ihren Herkunftsländern thematisierte der Film, wie es Roma geht, die aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien kommen und wieder dorthin abgeschoben werden.
Wir sind dankbar, das Roman Franz, Erster Vorsitzender des Landeszentralrat der Sinti und Roma NRW die Mühen auf sich genommen hat, zu dieser Veranstaltung nach Krefeld zu kommen um das Grußwort zu sprechen.
Aus seiner Rede haben Jugendliche und junge Musiker einen Beitrag mit Zitaten aus der Veranstaltung am 10. Oktober 2018 zum Thema
„Was bedeutet Abschiebung?“ gemacht.
Roman Franz sprach von der
„Weigerung Menschen aus lebensbedrohlichen Umständen aufzunehmen.“
Das sah der extra aus Göttingen angereiste Regisseur Kenan Emini auch so. Sein Film zeigte Szenen von verzweifelten Menschen, die aus Deutschland abgeschoben werden und entsetzlichen Lagerzuständen in den Herkunftsländern. Er stellte fest, das Roma aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien in Deutschland von sozialen Leistungen ausgeschlossen sind. Zustehen tun ihnen Kindergeld und Rückfahrkarten in die Herkunftsländer.
Und es gibt Geduldete, die in den Zeiten des Kosovo-Krieges nach Deutschland kamen. Duldung ist die Aussetzung der Abschiebung. Staatlicherseits werden Integrationsangebote verwehrt.
Roman Franz:
Der Europarat schätzt den Bevölkerungsanteil von Roma auf
3,6 % in Albanien
1,54 % in Bosnien Herzigowina
2 % im Kosovo
9,5 % in Mazedonien
3,17 % in Montenegro
8,23 % in Serbien
Was ist kumulative Diskriminierung?
In den Herkunftsländern besteht eine sich gegenseitig verstärkende Diskriminierung, die sich über Generationen hinweg verfestigt haben kann, sie ist die Folge oftmals strukturellen Antiziganismus.
Wie äussert sich struktureller Antiziganismus in den Herkunftsländern?
Roman Franz: Das beginnt beim 5 km langen Schulweg für Romakinder, über Nichtbeachtung bei Ämtern und Behörden bis zum Ausschluss von krankenhausärztlicher Behandlung. Oft wird von gesellschaftlicher Diskriminierung gesprochen, aber es handelt sich um strukturelle Ausgrenzung. Diese Existenzspezifische Form ist anerkannt (EU, Bund). Die kumulative Diskriminierung ist anerkannt. Doch das Handeln zeigt ein gegenteiliges Bild. Es gibt keine Resonanz auf Handlungen, die die Situation in den Ländern ändern könnten.
Viele versuchen einen Weg aus der Erwerbslosigkeit, doch es gelingt nur den wenigsten.
Die Nachwirkungen der Kriege und ein nachhaltiges Feindbild herrschen vor.
Die Armut und die Perspektivlosigkeit sind unvorstellbar. Die Romadörfer und liegen sehr weit außerhalb und erinnern an die Elendsviertel Südamerikas und Indiens.
Dies sind keine extremen Ausnahmen sondern die Regel. Die Armut wird durch Ausgrenzung und Rassismus verursacht. Es gibt keine Wohnungen, keine Leistungen, keine oder schlechte Schulen. Die Politiker tun nichts, eher noch ziehen ihren Nutzen aus Romafeindlichkeit.
2008 bis 2016 beantragten 200.000 Menschen aus diesen Ländern Asyl in Westeuropa. Doch jetzt sind die Länder als sichere Herkunftsländer eingestuft und es gibt keine Möglichkeit Asyl zu beantragen und damit noch nicht einmal die Möglichkeit geduldet zu werden..
2015/2016 hofften viele Roma im Zuge der Aufnahmebereitschaft mit leichteren Bedingungen Aufenthalt in Deutschland zu bekommen. Doch die politische Wende der letzten beiden Jahre und zunehmende fremdenfeindliche Stimmung erwecken einen anderen Eindruck. Es wird keine Rücksicht auf die desolate Lage in den Herkunftsländern genommen. Weder auf Integrationsfortschritte noch auf schwere Krankheit. 20 Jahre alte Jugendliche müssen laut Gesetz Deutschland verlassen. Deshalb gibt man sich nicht zu erkennen.
Manche Roma in Deutschland arbeiten für 30 Euro Tag. Kenan Emini meinte, das der Zoll nicht reagiere, wenn es sich um Roma handelt.
Auch Roma aus EU-Ländern, die beispielsweise als selbständige Handwerker arbeiten, hätten oft Probleme, zum Beispiel wenn keine Krankenversicherung abgeschlossen wurde und plötzlich ein Höchstsatz gefordert wird.
Am Abend des 10.Oktober 2018 haben wir viele erschreckende Lebenssituationen von abgeschobenen Menschen geschildert bekommen.
Unter anderem haben wir von einem Mann gehört, der abgeschoben wurde, obwohl er aufgrund seiner Erfahrungen im Kosovokrieg psychisch schwer krank war, weil er mit 14 Jahren unter serbischem Zwang Leichen von Albanern auf Lastwagen laden musste und später unter Druck stand, weil die albanische Miliz ihn beschuldigte, mit den Serben gemeinsam gearbeitet zu haben.
Auch das Schicksal eines 18 Jahre alten Jugendlichen, der aus Pristina nach Kosovo abgeschoben wurde, ist bezeichnend: Sein Überlebensversuch war, sich jeden morgen an die Bushaltestelle zu stellen um sich für Aushilfsjobs anzubieten. Es klappte aber nur zwei Mal im Monat. Verdient hatte er 10 Euro für 12 Stunden Arbeit, manchmal arbeitete er auch ohne Bezahlung.
40 Cent können Menschen im Kosovo verdienen, wenn sie drei bis vier Tage Müll sammeln. Das tut zum Beispiel ein Mann, der 22 Jahre lang in Deutschland gelebt hatte.
Auch ein Mann, der 20 Jahre in Deutschland gelebt hatte. 7 Tage lang erhielt er Unterstützung eines Rückkehrerprojektes. Jetzt lebt er völlig mittellos in Pristina. Ihm ist also tatsächlich nur das Betteln geblieben. Damit kommt er an 2,50 Euro am Tag oder weniger
Mehr Beispiele wollte bei der Diskussion am 10.Oktober 2018 keiner mehr hören.
Roman Franz reklamierte: „Es sind Tatsachen: Übergriffe in den Herkunftsländern. Es gibt Misshandlung, Vergewaltigung und Demütigung. Anzeigen zu erstatten bringt nichts, weil die zuständigen Beamten bestehendes Gesetz nicht vertreten.
Abschiebung bedeutet Menschen in diese Misere zu schicken!”