Was bisher geschah und was noch kommt, Teil 2
Demokratie ist nicht selbstverständlich. Doch das Rad muss nicht neu erfunden zu werden, um die Welt zu erklären, zu verstehen oder gar zu verbessern. Unter dem Generalthema „Vorwärts, doch nichts vergessen! – Lyrik und Politik.“ entstand eine fünfteilige Veranstaltungsreihe anhand derLeitfragen:
Was haben die revolutionären Gesänge der Vergangenheit, die Stimmen der Frauen oder die Erfahrungen der nach-68er heutigen Bewegungen zu sagen? Können sie für die Zukunft Ermutigung sein? Ist es gut zu wissen, wo man seine Wurzeln hat?
Lassen sich Fehler der Vergangenheit vermeiden?
Unter den revolutionären Gesängen der ersten Veranstaltung fehlten schmerzhaft die Autorinnen. Die Erklärungen dafür sind recht banal. Um Lyrik in schriftlicher Form zu hinterlassen, bedarf es der Fähigkeit des Lesens und Schreibens und dem Zugang zu Büchern und Bildung. Den hatten Frauen und Mädchen in Europa bis in das 20. Jahrhundert nur in Ausnahmefällen: in Klöstern, in Schlössern und in Häusern des gehobenen Bürgertums. Unter diesen Voraussetzungen finden sich nur einzelne Frauen, die mit ihrer Dichtung die vielen Grenzen durchbrachen. Die bekannteste dürfte Annette von Droste-Hülshoff sein. Ihre Vorgängerinnen aus dem 17. und 18. Jahrhundert (Sibylla Schwarz, Anna Louisa Karsch, Friederike Brun und Karoline von Günderrode) galt es neu zu entdecken.
Im 20. Jahrhundert wurden, gestützt durch die Emanzipationsbewegung der Frauen, die weiblichen Stimmen zahlreicher, allen voran Else Lasker-Schüler. Vorgestellt wurden Isolde Kurz, Marie Madeleine, Gertrud Kolmar, Rose Ausländer, Christine Lavant, Hertha Kräftner, Ingeborg Bachmann, Christa Reinig, Hilde Domin, Sarah Kirsch, Ulla Hahn, Hadwig Schindler und Nora Gomringer. Interessant ist, wie viele sich auf die kleinwüchsige, kurzsichtige, ewig kränkliche und geniale Annette von Droste-Hülshoff berufen. Nur die jüngste der Auswahl, Nora Gomringer, hatte wenig gegen äußere und innere Hemmnisse anzukämpfen. Und es ist zu hoffen, dass weitere Generationen von Dichterinnen die Früchte ihrer Vorkämpferinnen ebenfalls einfahren können.
Das Publikum durfte sich im Vorfeld je ein Frauenportrait aussuchen und beteiligte sich mit der temporären Ausstellung aller Dinge, die es mit der eigenen Emanzipation verband. Fotos, Bücher, Platten, Tücher, Buttons, Plakate, sogar Unterlagen aus Krefelder Parteiarchiven konnten an dafür vorbereiteten Wänden und in Vitrinen ausgelegt werden und bereicherten die Diskussion.
Zum Abschluss wurden dem Publikum mit Blick auf die Europawahl eigens angefertigte „Europa-Kekse“ gereicht.