Neues Kabarett auf der Werkbühne

Das kulturelle Jahr im Südbahnhof hat stark begonnen und wir hoffen auf anhaltenden Andrang bei unseren Veranstaltungen. Neben dem SoundBahnhof, der im 3.März vorerst wieder seinen Abschluss feiert und einem musikalischen Abend mit dem neuen Programm der Salonlöwen, stand das gesprochene Wort im Mittelpunkt des Geschehens.

Dabei wurden und werden einige spannende Entdeckungen einer ganz neuen Art der Abendunterhaltung auf die Werkbühne gebracht. Zu sehen und zu hören sind junge Menschen, die oftmals ihre ersten Erfahrungen im Rahmen von Slam Poesie gemacht haben und sich in den letzten Jahren zunehmend politisiert haben. Dabei entsteht eine spannende Mixtur aus Geschichten aus dem Leben und pointierten Erzählungen, aber eben auch sehr kritischen Betrachtungen gesellschaftlicher Zustände. Anders als beim Kabarett wird kein enormes Vorwissen vorausgesetzt und auch die Spannungskurven sind deutlich schneller gesetzt. Werden damit aber den Gewohnheiten jüngerer Generationen durchaus gerecht; locken aber auch ältere Semester in den Bahnhof, die sonst eher auf Tuchfühlung mit Pispers, Priol, Rether und ähnlichen gehen.

Sebastian 23 im Südbahnhof. Mit Gitarre, Charme und Schirmmütze.

Zuletzt zu sehen gab es Sebastian 23, der mit buntem Outfit und Gitarre bewaffnet aus Bochum angereist kam. Sichtlich die Atmosphäre des Bahnhofs und des aufmerksamen Publikums genießend, überzog er schon in der ersten Hälfte sein Programm deutlich, was den angereisten Gästen sehr zu gefallen schien. Dabei machte er schnell klar, dass sein Programm weder etwas mit dem Titel “Maskenball” noch den im Pressetext angedeuteten Schwerpunkten zu tun hatte. Wild wurde ausgeteilt an das politische Establishment von schwarz, zu gelb, zu rot, zu grün. Bei Sebastian 23 bekam jeder sein Fett weg und gleichzeitig gab es einige Tipps des Meisters, um in Diskussionen gegen leere Argumente und Diffamierung zu bestehen. Gänsehaut pur gab es dann bei seinem Gedicht auf einem fiktiven Jahr 2050, in dem sein Alter-Ego sich zurück besinnt auf den Wandel hin zum Guten, kurz vor dem Erreichen der 1,5Grad Marke der Erderwärmung.

Im Januar gab es bei Jean-Philippe Kindler eine noch klarere Kante und deutliche Bekenntnisse zur dringlichen Umgestaltung der Gesellschaft und Umverteilung der Güter mit klaren Bezügen zu Marx und Engels. In “Deutschland Umtopfen” brachte der Düsseldorfer einen aufreibenden Mix aus herzlichen Anekdoten und scharf vorgebrachter Kritik an den herrschenden Zuständen in Deutschland auf die Bühne. Auftreten und Fokus des Programms hatte sich dabei seit seinem letzten Auftritt kurz nach der letzten heftigen Corona Welle im Winter 2022 noch einmal stark gewandelt. Zierte ihn damals noch ein ausufernder Revoluzer-Bart und ein adrett sitzendes Outfit, bestieg er dieses Mal mit Undercut und Jogginghose die Bühne, was vielleicht als Statement für die Straße und den heutigen Look der Arbeiterklasse gelesen werden kann.

Jean-Philippe Kindler spaltet die Gemüter; u.a. als neues Feindbild der Bildzeitung


Mit im Gepäck hatte Kindler Abdul Chahin. Ebenfalls aus der Poetry-Slam Ecke entsprungen, tritt dieser immer häufiger als Solo-Stand-Up/Kabarett-Künstler auf, der mit knallharten Worten aus dem Alltag eines als “Ausländer” gelesenen Menschen in Deutschland berichtete und in seinem kurzen Warm-Up zur zweiten Hälfte klare Kante zeigte und vielen Menschen im Publikum damit neue Perspektiven eröffnete.

Wir hoffen sehr beide Künstler im nächsten Jahr wieder bei uns präsentieren zu können. Darüber hinaus wollen wir versuchen auch die Palette des Bühnenprogramms noch ein wenig diverser zu gestalten, denn auch uns ist nicht entgangen, dass die Künstler in diesem Jahr hauptsächlich männlich und weiß sind X-)

Die folgenden Termine der Werkbühne:

Florian Hacke

Florian Hacke

Nichts darf man mehr
Fr, 10.03.2023, 20:00 Uhr

Johannes Floehr

Johannes Floehr

Ich bin genau mein Humor
Sa, 22.04.2023, 20:00 Uhr

Alle vier Veranstaltungen sind in Kooperation Kaderschmiede Booking aus Hamburg entstanden. Weitere Informationen zur Agentur und ihren Künstlern findet ihr hier

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