ON TOP Stadtterrasse
By: Maryam Gheiji 10. Februar 2025
Ich stehe hier. Ein Zug rattert schwerfällig hinter mir vorbei. Rotes Licht taucht die Umgebung in eine surreale Atmosphäre. An der gegenüberliegenden Wand flackern Projektionen von Wasser, Feuer und Staub.
Symbole für Umweltkrisen und menschliche Spuren. Mit dieser Szenerie konfrontiert uns die Künstlerin Nazgol Emami durch ihre Video- und Lichtarbeit und den Einsatz von KI mit Realitäten wie dem Klimawandel. Ihre Videoinstallation „ONTOP #01“ ist noch bis zum 27. Februar auf dem Dach des Südbahnhofs zu sehen.
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Ort der Projektion: ontop #01
Nazgol Emami ließ sich von der Architektur der Stadtterrasse auf dem Kulturzentrum Südbahnhof inspirieren und entwickelte eine ortsspezifische künstlerische Intervention. Sie ist überzeugt, dass vertraute Orte einen emotionalen Zugang zu globalen Ereignissen wie Kriegen, Umweltkatastrophen und populistischen Strömungen ermöglichen. Sie fragt: „Könnte so etwas hier passieren? Und wenn ja, welches Gefühl würde es auslösen?“
Kunst und der Moment des Unerwarteten
Ein zentrales Merkmal von Kunst im öffentlichen Raum ist das Zusammenspiel mit unvorhersehbaren Elementen. Emami hebt die vorbeifahrenden Züge als ein solches Element hervor – unkontrollierbar, aber dennoch tiefgreifend in ihrer Wirkung.
Menschen und der Zyklus der Zerstörung
Die Künstlerin beschäftigt sich mit wiederkehrenden gesellschaftlichen Problemen. „Ich arbeite bewusst mit Loop-Elementen, weil wir Menschen oft in Wiederholungsschleifen gefangen sind. Wir zerstören, was wir erschaffen, als hätten wir nichts gelernt.“
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Das Unterbewusstsein als Quelle der Kunst
Frühe Erinnerungen prägen unser Unterbewusstsein. Emami nutzt diese Erinnerungen in ihrer Kunst, um auch schwierige Themen wie Gewalt auf eine ästhetische Weise zugänglich zu machen. „Vielleicht wissen Sie es nicht, aber als ich zwölf Jahre alt war, wurde in Solingen ein Flüchtlingsheim angezündet. Ich sah Menschen, die davor standen und klatschten. Dieses Bild hat sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt. Ich hoffe, dass wir den Punkt des Applaudierens überwunden haben, mit mehr Empathie miteinander umgehen und dass sich solche Bilder niemals wiederholen werden.”
Über die Künstlerin
Nazgol Emami wurde in Teheran geboren. Sie studierte Visuelle Kommunikation an der Universität Wuppertal und Medienkunst an der Kunsthochschule für Medien Köln. Ihre Arbeiten bewegen sich zwischen Film, Theater, Videokunst und bildender Kunst. Sie hat zahlreiche Videoproduktionen realisiert, Regie geführt und ist als Videodesignerin sowie Kamerafrau im Theaterbereich tätig.
Das Projekt ON TOP
Im Rahmen von ONTOP ist Nazgol Emami für die Lichtkunst verantwortlich. Weitere Kunst-Sparten des Projekts sind Tanz, Jazz-Slam und Poetry und Bildende Kunst.
Zur Realisierung des Kunstprojektes ON TOP wird der Werkhaus e.V. durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen über Soziokultur NW gefördert. Der Werkhaus e.V. bietet eine Plattform für künstlerische Experimente und soziale Interaktion auf der Stadtterrasse, einem 2.000 Quadratmeter großen Areal, das die kulturelle Nutzung des Südbahnhofs erweitert.
Dieser einzigartige Ort in Krefeld, oberhalb des denkmalgeschützten Südbahnhofs, mit seinen offenen Sitzinseln, Tribünen und Aktionsflächen lädt ein, Kunst und Gesellschaft zu verbinden. Werkhaus e.V. zeichnet sich durch kreative Zusammenarbeit und Partizipation aus – sowohl professionelle als auch nicht-professionelle Künstler:innen sind eingeladen, sich zu beteiligen.
Mehr Informationen…
Eine Besonderheit der künstlerischen Projekte des Werkhaus e.V. ist die kooperative und beteiligungsorientierte Arbeit. Es bilden sich Gruppen, die – jeweils eigenständig – künstlerische (und gesellschaftliche) Fragestellungen bearbeiten und Präsentationen entwickeln. Auch Leute, die keine Künstler*innen sind, beteiligen sich.
Nach der Eröffnung am 8. Februar 2025 sind Besucher:innen eingeladen, die Installation an folgenden Tagen direkt auf der Stadtterrassse zu erleben: 13., 15., 20. und 23. Februar, jeweils von 18:00 bis 21:00 Uhr. Der Aufgang erfolgt über den Südbahnhof. Am 13. Februar machen wir eine Zugfahrt, um zu testen, wie die Installation wirkt, wenn man sie aus dem vorbeifahrenden Zug sieht.