by Maryam Gheiji: Tanz zwischen innerem Ringen und kollektiver Erinnerung

Elysion – Ein Tanz zwischen innerem Ringen und kollektiver Erinnerung

Im Rahmen des Projekts ON TOP wurde auf der Stadtterrasse das Tanzsolo “Elysion” gezeigt. Das Projekt fördert transdisziplinäre Formen des Schaffens.

Der Tänzer Andreas Simon, unter der Leitung von Elisa Rogmann, verkörperte eine moderne Figur des Sisyphos. Immer wieder versucht er, die Bühne zu betreten. Er wird zurückgeworfen, fällt, steht auf, kämpft weiter. Das Ringen mit sichtbaren und unsichtbaren Hindernissen wird zur zentralen Bewegung dieser Performance.

Der Wind weht durch Erinnerungen. Ein Junge mit blauem Hut taucht auf, öffnet einen grauen Schirm. Links auf der Bühne stehen ein grüner Teppich, zwei Klappstühle, ein Sonnenschirm und eine Kühlbox. Sie erinnern an ein alltägliches Leben. Aus der Ferne erklingt melancholische Cellomusik. Noch ist niemand auf der Bühne zu sehen.

Ein Mann erscheint. Er geht mit Selbstsicherheit auf das Publikum zu. Kurz vor dem Ziel stürzt er wie ein lebloser Körper. Dann steht er auf und versucht es erneut – wieder und wieder. Sein Körper wirkt erschöpft, doch sein Wille wird stärker. Schließlich erreicht er die Mitte der Bühne. Er blickt den Zuschauer*innen in die Augen. Es ist ein intensiver Moment.

Doch plötzlich zieht ihn eine unsichtbare Kraft zurück. Alles beginnt von vorne.

Während der Aufführung scheint Andreas manchmal mehr als nur er selbst zu sein. Er wird zur Stimme einer kollektiven Erinnerung.

Auf die Frage nach dem inneren Kampf sagt er: „Zuerst muss man fragen: Ist es ein Kampf – oder ein Kämpfen? Ist der Gegner außen oder in mir selbst? Ist das Thema allgemein oder persönlich? Ich beginne bei mir. Vielleicht wird es dadurch verständlich für andere.“

Der Tänzer wird zum Symbol für viele. Für Menschen, die ihren eigenen Weg suchen. Für Menschen, die in festen Strukturen leben und sich bewegen wollen – und doch immer wieder an Grenzen stoßen, die man nicht sehen kann.

Simon beschreibt die Zusammenarbeit mit Elisa Rogmann als Dialog: „Wir stellen uns gemeinsam Fragen. Eine gemeinsame Sprache entsteht nicht sofort. Sie wächst durch das Tun. Es ging um die Frage: Muss ich ein gesellschaftliches Ziel erreichen, um glücklich zu sein? Oder kann ich Freude am Weg selbst finden?“

Diese Fragen bleiben auch nach der Aufführung im Raum. Sie wirken nach.

In den letzten Minuten bricht die Sonne durch die Wolken. Sie beleuchtet das Gesicht des Tänzers. Er steht still und atmet. Der Applaus ist laut, ehrlich und bewegt. By: Maryam Gheiji 30. Mai 2025

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