By Maryam Gheiji: Eine Performance jenseits der Grenzen
Diesen Artikel schrieb Maryam Gheiji
Die TheaterPerformance red line ist Teil des Projekts CHANGE und fand am 31. Mai im Südbahnhof Krefeld statt. Sie entfaltet sich als eindringliche Reise durch feministische Themen – laut, leise, körperlich, sprachlich.
Die Performenden positionieren sich auf den Treppen. Das Publikum wird leiser. “Witches”, flüstert es durch den Raum. Ein Gedicht von Fleassy Malay auf Englisch wird rezitiert. Die Worte tragen Stärke: “They have fooled us for so long that ‘no’ means ‘yes’ … So I’ve claimed back that ‘no’ as mine.”

Straßengeräusche dringen durch den Raum. Protest, Stimmen, Slogans. Plakate mit “Jin, Jiyan, Azadi” erinnern an die Frauenbewegung im Iran. Die Performenden halten Banner mit Botschaften in verschiedenen Sprachen. Es entsteht ein Moment Solidarität.
Die Performenden bewegen sich zu einem, mit einem rotem Seil, gezogenen Quadrat und stehen still. Sie bilden lebendige Standbilder. Ein Gedicht spricht vom roten Faden, der sie verbindet. Gideon erzählt, den Text aus Eindrücken während der Proben entwickelt zu haben – das rote Seil inspiriert Gideon zu einer poetischen Reflexion über Verbundenheit und Fragilität.
Szenen aus dem Alltag folgen – überzeichnet, übergroß, schnell. Die Performenden in roten Kostümen bewegen sich hektisch. Eine rauchende Frau, ganz in Gedanken, zieht besondere Aufmerksamkeit auf sich.
Zwei Personen rennen durch den Raum, Lichtkegel folgen ihnen “Weißt du noch?” fragen sie in deutsch, persisch und russisch. Olga sagt später: “Es war schwer, mich auf eine Szene zu konzentrieren – so viele kleine und große Momente im Leben von mir und meinen Freund*innen zeigen patriarchale Strukturen.”
Dann setzten sich die Performenden den Zuschauer:innen gegenüber. Blicke treffen sich. Didem Günel, die Tanzpädagogin der Performance Rote Linie beschreibt später: “Ich habe Gedanken, Gefühle und Impulse der Teilnehmenden gesammelt. Daraus sind neue Handlungen entstanden.
Eine Szene basiert auf einem Bild, das Femizide im Iran zeigt – so kam es zur direkten Spiegelung zwischen Bühne und Publikum.”
Das Rote Seil markiert nun wieder eine Grenze. Ein Gedicht von Elena wird gesprochen – kraftvoll, konfrontierend: “ Wer bist du, dass du mir meine Rechte nimmst? Meine Sprache, meine Würde.”
Die Bewegungen spiegeln Spannung, Rückzug, Vorwärtsdrang, Stillstand – wie das Leben selbst.
Maxi, ein Zuschauer, beschreibt die Atmosphäre als verdichtet und vielschichtig: “ Mit Schauspiel, symbolischen, wiederholenden Gesten, Choreographien, die einfrieren und sich neu zusammensetzen, Tanz, Erfahrungsberichten, Nachrichten zu Themen wie Giselle Pelicot, Abtreibung, Femizide und ein Gedicht zur Frau-Leben-Freiheit-Bewegung – es wird eine breite Palette von Themen sichtbar kraftvoll vermittelt.”

Carola, ebenfalls im Publikum, sagt: “Der Teil über den Iran berührt mich besonders. Ich bin bei Amnesty International aktiv.” Das Gedicht „Seile im Wind“ von Soroosh, dass an getötete Frauen erinnert, wirkt nach: “Die Mädchen flüstern … doch die Seile – sie warten!” Carola sagt: “Es beeindruckt mich, wie Frauen aus unterschiedlichen Ländern – ohne gemeinsame Sprache – ein so starkes Gefühl von Zusammenhalt vermitteln.”
Der letzte Moment gehört dem Tanz. Die Musik wird schneller. Die Performenden reißen das Publikum mit. Man fragt sich: Kann man nach all dem Schmerz tanzen? Maxi antwortet mit einem Zitat von Emma Goldman: „Wenn ich nicht tanzen darf, ist es nicht meine Revolution.“ Der Kampf geht weiter – gemeinsam, laut und lebendig.

Das Projekt ist von Predrag Kalaba und Didem Günel geleitet worden