Jürgen Trittin im Südbahnhof
Ganz schön voll heute abend im Südbahnhof und sicher ist: Für ca. 140 Besucher.innen hat sich der Weg in den Südbahnhof wieder gelohnt.
Die AG Grüner Salon Krefeld hatte mit Jürgen Trittin nicht nur einen großen Mann grüner Politik und ausgewiesenen Fachmann in Fragen von Klima- wie Außenpolitik eingeladen, sondern auch fachkundige lokale Vertreterinnen zu Flüchtlingsfragen.
Gesprächspartnerinnen des von Harry von Bargen moderierten Abends war die Leiterin des kommunalen Integrationszentrums in Krefeld, Dr. Tagrid Yousef, und die Sprecherin des Flüchtlingsrat Krefeld, Ute Richter. Letztere richtete gezielt vorbereitete Fragen des Flüchtlingsrats an Jürgen Trittin.
Jürgen Trittin, Urgestein von Bündnis90/Die Grünen, ehemaliger Grünen-Vorsitzender der Bundestagsfraktion und Bundesminister für Umwelt und Naturschutz ( 1998 – 2005) war ganz in seinem Metier, als er Ursachen und Gründe für weltweite Fluchtbewegungen analysierte und den „Skandal der europäischen Verantwortungslosigkeiten“, die Uneinigkeit der EU und die Blockadehaltung der Bundesregierung innerhalb der EU zur Lösung internationaler Probleme detailreich und fundiert offenlegte.
Mit dem Blick auf die Menschen, deren oft unvorstellbaren Schicksale und die Unfähigkeit politisches mit humanem Handeln in Einklang zu bringen, klärt er mit dem Satz für Deutschland: „Man kann die Probleme nicht mit Abschiebung und Abschottung lösen!“ und wird konkret. Menschen, wie in Libanon mit Unterstützung der EU geschehend, der Willkür von Verbrechern auszuliefern, ist nicht akzeptabel. Flüchtlinge müssen legale Wege nach Deutschland gehen können. Hierzu braucht es internationale Regeln und den Willen, diese herbeizuführen und einzuhalten.
In Deutschland muss auch aus dem Status der „Duldung“ heraus, die Aufnahme legaler Arbeit für alle Migranten möglich werden und ein Bleiberecht erwachsen können. Es gibt ein Recht auf Arbeit und auf Bildung. Dies wird den Geduldeten immer noch verwehrt.
Frau Dr. Tagrid Yousef, als Leiterin des Kommunalen Integrationszentrums und Praktikerin vor Ort, weiß, was es heißt, wenn Geflüchtete, hochqualifiziert oder auch nur bereit und willig, keine Arbeit haben, weil sie nicht als Flüchtling anerkannt werden. „Menschen suchen Schutz für sich und ihre Familien, Bildung und eine Überlebenschance“. Bei dem Elend, das Geflüchtete haben erleiden müssen, sollte der deutsche Staat und auch die Gesellschaft dieses nicht verweigern.
Deutschland kann die Probleme der Welt nicht lösen, resümiert Jürgen Trittin, aber dafür zu kämpfen, dass es auf den Menschenrechten fußende internationale Regeln gibt und wenigstens den selbstgesteckten Verpflichtungen von humanitärer wie entwicklungspolitischer Hilfe genügen – das kann Politik leisten und dafür gibt es auch eine politische Mehrheit in Deutschland.
Aktuell gehört auch die Entscheidung Waffenexporte in die Türkei zu unterbinden zum Ausdruck klarem und vernünftigem politischen Handeln. Eine solche Entscheidung kann und muss getroffen werden, um sich international verlorenen Respekt und Glaubwürdigkeit zurück zu holen. Vor Recep Tayyip Erdoğan sollten wir uns nicht fürchten. Selber aufrüsten und ebenfalls in die Falle weiterer Militarisierung zu tappen, war, ist und bleibt ein Irrweg.
Randnotiz: Der Grüne Salon Krefeld, organisiert von der AG Grüner Salon Krefeld, ist ein Diskussionsformat der Heinrich-Böll-Stiftung NRW, in Krefeld in Kooperation mit dem Werkhaus e.V. und diesmal auch mit dem Flüchtlingsrat Krefeld.