Was bisher geschah und was noch kommt, Teil 5
Durch den Rechtsruck der Gesellschaft und die Aufmerksamkeit, die die AfD durch gezielte Grenzüberschreitungen erhält, gingen Wolfgang Reinke und Ingrid Schupetta auf die Sprache des Hasses, des Ausschlusses und der absolut Setzung der eigenen Position ein, einem beileibe keinem neuen Phänomen.
Dies beleuchteten Sie in mit der Veranstaltung
„artige Lyrik. Hanns Johst (1890-1978) und Johannes R. Becher (1891-1958) – Dichtung zwischen Expressionismus und totalitären Weltanschauungen“
Johst und Becher standen in der Mitte ihres Lebens für diametral entgegengesetzte Weltanschauungen. Johst war ein glühender Himmler-Verehrer; Becher hielt es als überzeugter Kommunist mit Stalin. Dabei fingen die beiden als Expressionisten an. Johst und Becher teilten die Begeisterung ihrer Zeitgenossen für die Technik, insbesondere Automobile und die Fliegerei. Aber auch Waffen faszinieren beide, Becher schrieb sogar Sonette auf ein Maschinengewehr. Dabei hatten sowohl Johst als auch Becher sich der Teilnahme am Ersten Weltkrieg entziehen können. Gemeinsam war – vielleicht gerade deshalb – beiden eine Sprache, die Gewalt und Härte verehrt. Gemeinsam war ihnen auch, dass sie ihr Leben jeweils einem Über-Vater widmeten. Belohnt wurden sie durch Status, hohe Positionen und Einfluss – Johst als Präsident der Reichsschriftumskammer, Becher später als erster DDR-Kulturminister.
Damit hörte es aber auch auf. Wenn man nach Vorbildern für Hanns Johst sucht, findet man Walter Flex. 1919, als Johst als Dichter wahrgenommen wird, ist der bereits eine Legende. An der Legendenbildung zu Albert Schlageter wirkte Johst mit einem äußerst erfolgreichen Drama mit. Aus diesem Stück stammt der seltsame Satz: „Wenn ich Kultur höre … entsichere ich meinen Browning“. In der Zeit, als Hanns Johst Kulturfunktionär war, beschäftigten sich seine Dichtergenossen mit Blut und Boden und einem Mutterkult in Abwesenheit realer Frauen. Aus dem Verarbeiten von Kriegserlebnissen wurde der bizarre Todeskult der Nazis.
Becher hielt es dichterisch mit den Russen. Majakowski sei erwähnt. Russland wurde dann auch das Land seines Exils. Er überlebte im Gegensatz zu vielen deutschen Kommunisten und hatte beste Startbedingungen in Ostdeutschland. Als die DDR ihre eigene Hymne bekommen sollte, schrieb Becher den Text. Ironie der Geschichte: ab 1972 wurde nur noch die Eisler-Melodie gespielt, da im Text von einem einigen Vaterland die Rede war. Dem Dichter machte das nichts aus. Er war in Ungnade gefallen und 1958 gestorben.
Mit Hymnen auf Stalin und auf Deutschland endet der Parforce-Ritt durch die deutsche Geschichte. Johst schrieb – quasi entnazifiziert – ab 1952 unter Pseudonym Gedichte für die Kundenzeitschrift Die kluge Hausfrau.
Um das Publikum aufbauend zu entlassen, wurde abschließend gemeinsam die „Kinderhymne“ von Berthold Brecht gesungen.
gefördert durch
über