ICH MIT MIR – nachtfrequenz20

Südbahnhof, 26.09.2020

„ICH MIT MIR“ ist ein Projekt, dass Krefelder Jugendliche unter der künstlerischen Leitung der Theaterpädagogin und Regisseurin Anna Brass auf die Beine gestellt haben.

Plötzlich leben wir in einer anderen Welt. Aus den Erfahrungen des Lockdowns heraus haben die Teilnehmer sich mit Einsamkeit, mit Abstand, mit Chancen und Wünschen beschäftigt und Texte zur Isolation geschrieben:
Was macht das mit uns? Wenn wir mit uns allein sind? Wir sind nicht da, wir sind uns suchen gegangen. Im Kopf. In der Familie. Auf der Straße. Im Netz.
Einige Texte wurden zu Monologen, die Monologe geprobt, in Szene gesetzt und im Tunnel des Südbahnhofs in einer Live-Ausstellung präsentiert – endlich wieder live, endlich wieder zusammen.

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https://www.youtube.com/watch?v=s5Hb3LBYkYk


Der Tunnel wurde zu einem Ausstellungsraum als Einbahnstraße. Einzeln oder in Kleingruppen wurden die Zuschauer an der einen Seite hereingelassen, gingen von „Werk“ zu „Werk“ und lasen, hörten und schauten die Beiträge der Jugendlichen.

So erzählte z.B. Emma vom Spazierengehen, „weil man das jetzt so macht, in Zeiten wie diesen, spazieren gehen und frische Luft einsammeln wie eine Computerspielfigur Münzen, um die kleine Immunsystem-Skala rechts unten auf dem Bildschirm aufzufüllen“.

Caro suchte sich, schaute in den Spiegel, der nichtmal ihr eigenes Spiegelbild klar sichtbar machte – sich selber fremd in dem, was sie ist und in dem, was sie zeigt vom Ich.

Mara sprach in ihrem Text „Weit weg von mir“ umgeben von Schaufensterpuppen von Selbstzweifeln und Dunkelheit.

Florin wiederum saß in einem selbstgebauten Garten-Kubus und führte ein Zwiegespräch mit der Nacht: „Hallo Nacht.“ „Hallo Mensch.“ „Ich kann nicht schlafen.“ „Das sehe ich.“

Ramon drehte sich im Kreis – im Bett liegend – Gedanken über das Denken und dem Denken beim Denken.

Am Ende der Ausstellung verließen die Besucher den Tunnel auf der anderen Seite, während die Akteure im Tunnel immer wieder, für jede Zuschauergruppe neu, ihre Texte erzählten – alles den Auflagen gemäß auf Abstand und dabei doch so nah so offen, so ehrlich: Eine Performance der besonderen Art.

Die Gruppe hat sich mit Anna Brass an verschiedenen Tagen im September getroffen. 

Erster Schritt war das Herantasten ans Thema, indem verschiedene Texte gelesen und besprochen wurden. Dann haben die Jugendlichen eigene Texte geschrieben, die gemeinsam korrigiert, umgearbeitet und weiterentwickelt wurden.

Mit den fertigen Texten kamen Ideen für die einzelnen kleinen Bühnenbilder, Kostüme und Requisiten. Während der gemeinsamen Proben im Tunnel wurden Bühnenelemente zusammengesucht, aufgebaut. Was fehlte, haben die Jugendlichen besorgt.
So hat z.B. Mara für den Abend zwei Schaufensterpuppen ausleihen können, Emma hat ein altes Fenster in ihrem Garten gefunden. Am Ende hatte jede(r) seine eigene Bühne, für die er/sie gesorgt und dort auch geprobt hat, alleine, mit Anna oder für die anderen Jugendlichen als Testpublikum. 

Am Samstag Nachmittag gab es nochmals eine Generalprobe und dann ging es fast nahtlos in die Aufführung hinein.

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