music_up: Bestechend dicht
Music_up – ein Projekt des Werkhaus und der Abteilung Integration der Stadt Krefeld hat Musiker:innen unterschiedlicher Herkunftsbiografien in mehreren Workshops zur Entwicklung einer bestechend dichten Musikshow am 1. Oktober 2021 im Südbahnhof zusammengebracht.
Das war nicht nur musikalisch eindrucksvoll, sondern auch authentisch, sehr informativ und oft ergreifend emotional. Gespräche und Statements, die zwischen den Musikbeiträgen platziert waren, gingen sehr nahe. Migration und das Zurücklassen eines ganzen Lebens hinterlassen Wunden, die auch nach Jahrzehnten nicht verheilt sind. Gepaart mit den aktuellen Ereignissen und Verbrechen an der Menschlichkeit in den Herkunftsländern, die Gedanken und Gefühle der beteiligten Musiker:innen aus mehreren Generationen berührten, gaben diesem Abend Tiefe, Witz und Schönheit. Er überraschte mit einer Intensität, die wir vorher nicht erwartet hatten.
Im Einzelnen
Locker spielten Yola Türküler auf, eine kleinere Formation eines größeren Ensembles türkisch-stämmiger Musiker, die Einflüsse verschiedener Kulturen in der anatolischen Volksmusik nachvollziehbar präsentierten. Aber auch ein deutsches Volkslied hatten sie in ihr Repertoire aufgenommen.
Shan Devan, der das Programm mit vorbereitet hatte, wies dem Ursprungsinstrument seiner tamilischen Musikgeschichte, der Mridangam, augenzwinkernd einen Ehren-Sitzplatz zu.
Gemeinsam mit Dinesh Mishra, dem Bansuri-Spieler (Flöten-Instrument) aus Indien, der international als Solist, Improvisator, Dozent und Komponist bekannt ist, entstand ein friedvoll entspanntes Minikonzert.
Dinesh Mishra sprach dann mit Thyll Dammer auch von seiner Abwendung aus dem Bollywood-Business hin zu improvisierter Musik indischen Musikeinflusses.
Im Interview mit Shan Devan und seiner Tochter Saruka, verdeutlichten Aspekte wie familiäre Einflüsse, schmerzhafte Migrationsgeschichte und die Sicht der Folgegeneration.
Auch enttäuschte Hoffnungen wurden am Abend auf gleichzeitig ernsthafte wie humorvolle Weise thematisiert. So interpretierte Sergy Kolesnikov, gebrochenes Englisch imitierend, „The House of the rising sun“. Das Lied erinnerte an die Jugendzeit der aus den ehemaligen GUS-Staaten gekommenen Mitglieder des Vereins Anton-Tschechow-Bibliothek e.V..
Im Umgang mit Klischees über Russland animierte Andrei Nordstein das Publikum, ebendiese Klischees einfach mal liebevoll zu umarmen.
Die erst15jährige Alexandra Balak regte über einen Popsong, der eigentlich ein Liebesleid beschreibt, die Zuhörer an, über Verletzungen nachzudenken.
Auch Sobhan Abdollahi-Fromageot präsentierte populäre, afghanische Liebeslieder und hatte ein dazu typischerweise gebräuchliches Harmonium mitgebracht.
Kulturtechnik
Shan Devan (Shanmugalingam Devakuruparan) und seine Tochter Saruka demonstrierten über Percussion und Tanz ihre Rhythmussprache und verrieten, ob und wie sich verschiedene Generationen mit traditioneller tamilischer Musik identifizieren.
FL!M
Können wir eine neue, eine gemeinsame Musiksprache entwickeln?
Diese Frage war Anlass für Till Menzer, das FL!M – Ensemble zu initiieren. Er experimentierte und improvisierte mit verschiedensten Musiker:innen. Letztendlich präsentierten die Harfespielerin Zainab Lax, der Oud- und Sazspieler Eren Akşahin, der Bassklarinettist Tim von Malotki und Perkussionist Till Menzer eine neue, vielschichtige und harmonische Fusion-Musik. Am Ende des Abends luden sie noch zu einer gemeinsamen Session aller an der Werkschau Beteiligten, die für eine friedvolle und gerechte Welt gestanden haben dürfte.
Das war ja sicher eine eindrucksvolle Veranstaltung. Wie schade, dass ich nicht dabei sein konnte!
Großartig, welche außergewöhnlichen Ideen, Projekte und Veranstaltungen ihr im Südbahnhof verwirklicht!
Liebe Frau Schilling,
unser Dank gilt auch allen Beteiligten und Gästen im Südbahnhof, die uns mit ihrer Energie, ihrem Engagemnet und ihrem Zuspruch unterstützen.
Vielen Dank