Wackelzimmer im Spielhaus

An der Planung ihrer Umwelt und ihres Umfelds sollten Kinder beteiligt werden. Dies wollte 1992 das Ministerium für Bauen und Wohnen NRW mit dem Wettbewerb `Bau + Wohnhits von Kids` fördern. Unser Projekt dazu beinhaltete die Untersuchung der Spielmöglichkeiten im Viertel Dießem/Hardenberg unter Einbeziehung der Kinder in die Planung des zukünftigen Spielhauses auf dem noch in Bau befindlichen Spielplatz auf der Dießemer Straße.

Im Rahmen der offenen Kinder- und Jugendarbeit ging es mit ca. 50 jungen Werkhausbesuchern also zunächst an die Erforschung und Auswertung der Spielmöglichkeiten im Viertel. Es gab im Quartier nur zwei Spielplätze, kaum Freiflächen, das Werkhaus war beengt und hatte kein Außengelände. Ergo: Zu wenig Platz! So die hier kurz gefasste Analyse der Kids, die sich allerdings auf den neuen o.g. Spielplatz freuten. Da soll denn auch ein Haus zum Spielen drauf? Wäre ja super. Wie soll das denn aussehen, wir dürfen ja noch nicht auf das Gelände!?

Ideen und Wünsche hatten die Kids jedenfalls für ihr noch namenloses Spielhaus. Da sollte es nicht nur typische Jugendhausräume, wie z.B. eine Disco geben, sondern viele phantasievolle Bereiche wie u.a. Grusel-, Krickel-, Tier-, Rumhops-, und Blumenzimmer geben, sondern auch ein ‘Zimmer, um sich zu verlieben‘, oder ‘in dem Erwachsene nicht maulen dürfen‘. Ebenso sollten Werkstätten nicht fehlen und ein Hausaufgabenraum wurde auch gewünscht. Auf einer Zeichnung war zudem ein „Wackelzimmer“ genannt. Das bekam jemand von der Firma Tewells mit. Ein Lastwagen der als Krefelder Pudding bekannten Firma fuhr vor und lieferte eine komplett bestückte Palette Wackelpudding-Pulver-Pakete. Wochenlang gab‘s nun zur Freude aller jeden Tag Wackelpudding für die fleißigen Planerinnen und Planer. Zum 100-jährigem Bestehen organisierte die Firma Tewells zudem einen Spendenpool unter Geschäftspartnern und Freunden. Ein dicker Betrag kam dabei heraus, den Tewells dann noch zu einer höheren Zuwendung zum Bau des Spielhauses aufstockte. Für alles ein dickes „Danke“. 

Umgesetzt wurden die Wünsche zunächst in Modell-Gebäuden in der Grundrissform des Original-Gebäudes. Nachdem die Mauern aus Schachteln hochgezogen und mit Gips verputzt waren entstanden so vier, nach vorne hin offene, einsehbare Bereiche. Die jungen „Innenarchitekt*innen“ begannen nun mit der kreativen Einrichtung der verschiedenen Räume. Aus wertneutralen Materialien wie Abfallholz, Pappresten, Korken, Plastikteilen, Textilien, Folien usw. entstanden jetzt Möbel, Spielgeräte und Dekorationen, die in die Zimmer eingebaut wurden. Neue Ideen, wie z.B. ein Computerraum, flossen auch ein. Einfallsreich schufen die Kids 24 unterschiedliche Wunsch-Räume in den Modellen, die sie kurzerhand übereinanderstellten. Letztlich erbauten sie damit ein Spielehochhaus mit 7 Etagen auf dessen Dach sich auch ein Swimmingpool und ein Dachgarten befand.

Nicht alle Wünsche der jungen Planerinnen und Planer konnten im Spielhaus umgesetzt werden. Spielaktivitäten und -aktionen kommen jedoch den Wunsch(t)räumen temporär immer wieder nach. Oft im Sommer wird beispielsweise ein Swimmingpool zum Planschen aufgebaut. Bis zum richtigen Baubeginn des Zentrums vergingen noch ein paar Jahre. Erst 1995 konnte damit begonnen werden. (vgl. 15. Story; 7. Story und 8. Story)

Partizipieren konnten die Kids auch weiterhin. Davon in der nächsten Story mehr. Unser Projektbeitrag zum Wettbewerb ´Bau + Wohnhits von Kids` mit der Spielhausplanung lief noch fast ein Jahr lang und beim Umbau halfen die Kinder und Jugendlichen auch mit. Übrigens, ein damaliger Helfer ist heute Ratsherr und im Jugendhilfeausschuss der Stadt aktiv.  


Geheimes SpieDie ist eine Geschichten-Reihe von Helmut Boeck, langjährigem Mitarbeiter des Werkhaus e. V. und ehemaligem Leiter des SpieDie- Er erinnert sich und lüftet „Geheimes“, macht in lockerer Berichterstattung Verborgenes sichtbar. Wer noch weitere Geschichten auf Lager hat, kann sich bei uns melden.

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