20. Grüner Salon – Ausgestrahlt? – Rückkehr einer Hochrisikotechnologie

| Von Harry von Bargen |

Russischer Umweltaktivist beim Grünen Salon Krefeld

Nach langer Corona-Pause ging, rechtzeitig mit dem Beginn der Sommerferien in NRW, der Grüne Salon Krefeld wieder an den Start. Er präsentierte seine 20. Ausgabe (!) mit dem Titel ‚Ausgestrahlt? – Rückkehr einer Hochrisikotechnologie‘ um sich vor dem Hintergrund der Energieknappheit und des russischen Krieges gegen die Ukraine mit der Diskussion um längere Laufzeiten für die Atomkraftwerke auseinanderzusetzen.

Träger des Alternativen Nobelpreises 2021 und ‚ausländischer Agent‘

Prominenter Gast, der trotz Ferienbeginns gut besuchten Veranstaltung, war der Umweltaktivist Vladimir Slivyak, Co-Vorsitzende der russischen Umweltorganisation Ecodefense und Träger des alternativen Nobelpreises 2021.Er berichtete von der Arbeit seiner Organisation, die 2014 in Kaliningrad den Bau eines geplanten AKWs verhindert hat. Damit wurde auch ein Plan der russischen Regierung durchkreuzt, die baltischen Länder von russischen Atomstromlieferungen abhängig zu machen. So war es fast folgerichtig, dass Ecodefense die erste Organisation war, die in Russland mit dem Label ‚ausländischer Agent‘ versehen wurde. Da Ecodefense sich weigerte, diese Bezeichnung in den eigenen Materialien zu verwenden, wurde die Organisation mit zahlreichen Prozessen überzogen und die Finanzchefin von Ecodefense musste in Deutschland politisches Asyl beantragen. Interessanter Hinweis des Gastes: der Terminus ‚ausländischer Agent wurde in den Dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts unter Stalin erfunden, um politische Gegner zu diskriminieren, und sie in Lager zu stecken oder umzubringen.

Atomgeschäft mit geostrategischer Bedeutung

Ecodefense setzte sich, so berichtete Slivyak, teils erfolgreich gegen die Atommülltransporte vom Westen nach Russland zur Wehr. Er zeigte Fotos, auf denen die Atommüllbehälter von Gronau, hier noch ‚ordentlich‘ von Castorbehältern (made in Krefeld) verhüllt, nach Grenzübertritt ohne jeden Schutz weiter transportiert wurden. Ein Unfall hätte eine gefährliche Verstrahlung im Umkreis von 30 Kilometern zur Folge gehabt. Slivyak, dessen Organisation sowohl Proteste in Gronau als auch in Russland durchgeführt hat, wies darauf hin, dass interessanterweise das Geschäft mit dem Atommüll und der Wiederaufbereitung unter keine der aktuellen Sanktionen fallen würde. Und dies, obwohl das Atomgeschäft neben Gas und Öl geostrategische Bedeutung für Russland hätte und der Versuch ist, auch in diesem Bereich der Energiepolitik Abhängigkeiten zu schaffen. – Ein Aspekt, der auch bei uns in NRW kaum wahrgenommen wird.  

Auf die verwunderte Frage aus dem Publikum, wie es denn sein könne, dass es Umweltproteste aus der russischen Zivilgesellschaft gegeben habe, die zudem erfolgreich gewesen seien, meinte der Gast, dass die Perestroika Ende der achtziger Jahre zunächst vieles ermöglicht hätte. Mittlerweile ginge es aber zunehmend restriktiver zu. Viele seiner Freunde seien von Prozessen bedroht oder im Gefängnis. Ein Grund für ihn, seine Tätigkeit seit 2021 von Deutschland aus fortzusetzen.

Ein Salon mit viel Kultur

Den Rahmen für den Vortrag und die Diskussion mit dem russischen Gast bildeten a.w.maria und der Leinwandschreck. Zwei in krefeld bekannte Künstler, die Akkordeonspielerin und Sängerin Maria Arians-Kronenberg und der Umwelt-Karikaturist Jari Banas. Sie spielten Lieder aus der Geschichte der Anti-AKW-Bewegung und zeigten extra dazu gefertigte Karikaturen. Vom Atomkraftwerk im Garten bis zum Pflaster, unter dem der Strand liegt.

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