TOWARDS

Wer (zeitgenössischen) Tanz lernt, lernt das Leben!
Mit dieser These startete das Kooperationsprojekt TOWARDS in das Förderjahr 2022.

Im Fokus stand die Auseinandersetzung mit Vermittlungsstrategien zum zeitgenössischen Tanz zweier Institutionen, die Verzahnung der Bildungsarbeit des Werkhauses mit professioneller Tanzarbeit in der Fabrik Heeder.

2008 hatten sich das Kulturbüro und der Werkhaus e.V. zusammengefunden, um den Tanz in Krefeld verstärkt in den Fokus zu rücken. Mit diesem Label, Krefeld tanzt zeitgenössisch, wurde die Öffentlichkeitsarbeit verstärkt und davon sollten beide Häuser profitieren und mit dem Projekt „TOWARDS“ die Zusammenarbeit neu belebt werden.

Wie können zwei sehr verschiedene Institutionen sich nicht nur über eine Zusammenarbeit verständigen, sondern diese auch strategisch zum Vorteil der Institutionen inhaltlich gestalten? Wie kann Vermittlung von zeitgenössischem Tanz funktionieren?
Die geplante praktische, prozessorientierte Umsetzung mit den Schwerpunkten Reflexion, Vermittlung und Präsentation sollte als offenens Arbeitskonzept in allen Aktivitäten umgesetzt und die unterschiedlichen Formate (Klausurtagungen, Konzeptperformances, Research, Workshops, Vermittlungsformate und die Beteiligung an „MOVE! – Krefelder Tage für modernen Tanz“) mit den Beteiligten des Werkhaus e.V., des Kulturbüros Krefeld/ Fabrik Heeder und der Emanuele Soavi incompany realisiert werden.

  • KLAUSUR

In zwei intensiven Klausurtagungen stand die Auseinandersetzung mit Vermittlungsstrategien zum zeitgenössischen Tanz im Vordergrund.
Wie sind die Blickwinkel der verschiedenen Institutionen? Was sind Gemeinsamkeiten und Unterschiede?
Es trafen sich die Beteiligten der Institutionen und Kompetenzpartner*innen Andreas Simon, Anna Brass und Mitglieder der Emanuele Soavi incompany im FREIraum21, um die Zusammenarbeit mit Blick auf die Zielerreichung der Zusammenarbeit und besonders der Vermittlung zu erarbeiten.

Brainstorming, Gedanken, frei und ungezwungen, nicht konkret, aber gespickt mit Leidenschaft: Wo nimmt der Impuls seinen Anfang? Es können Lebenswelten, Sorgen, Glück, Träume oder Traumata sein. Aufgabe des professionellen Arbeitens ist es, innezuhalten, zu analysieren, zu verstärken und sichtbar zu machen.
Die Reflexion der Arbeit der Institutionen, die jeweiligen Erfahrungswelten der Künstlr:innen boten die Grundlage für das gemeinsame Planen der Aktivitäten 2022.
Verschiedene Formate wurden definiert, die teilöffentlich und öffentlich, theoretisch wie praktisch ausprobiert werden und in die Programmplanungen beider Einrichtungen einfließen sollten.
Ein Schwerpunktbereich sollte das Arbeiten im städtischen Raum werden.

  • KONZEPTPERFORMANCES

„Hausierer-Performance“ St. Martin am 11.11.2022

Zwei Tanzende der ESincompany, zwei Tanzende aus Krefeld, vier Fackeln, eine Probe, eine Performance-Reise durch Krefeld.

Zu St. Martin laufen Kinder traditionell mit ihren Laternen von Tür zu Tür, klingeln und singen St. Martinslieder für die Menschen, die öffnen. Die wiederum belohnen die Kinder mit kleinen Süßigkeiten.
Mit dieser Grundlage im Hinterkopf haben wir uns gefragt, wie können wir dieses Prinzip auf Tanz und Erwachsene übertragen? Wenn wir an den Haustüren klingeln und für die Menschen tanzen statt singen?
Es wurde eine etwa dreiminütige Performance entwickelt. Bewegungssequenzen, die in einem Bereich von etwa 4×4 m, begrenzt durch aufgestellte Fackeln, stattfinden können.
Dadurch wurde auch die Reichweite größer als ein Hauseingang und Anwohner aus allen angrenzenden Häusern konnten eingeladen werden, vor die Tür zu treten oder aus dem Fenster zu schauen und der Performance beizuwohnen. Jeweils drei Personen haben pro Performance getanzt, eine die Organisation und Kamera übernommen.

Um eine möglichst große Reichweite in Krefeld zu erlangen, fuhren wir in die verschiedenen Stadtteile. So wurden am 11.11.2022 Hüls, Linn, Bockum und Traar bespielt und mit der Kamera begleitet. Zwischen 5 und 15 Zuschauende kamen pro Performance aus der Tür.

„Hausierer-Performance“ am 03.12.2022

Die Choreographie der St. Martins-Performance wurde für den 3.12. wiederaufgenommen und erweitert. Mit fünf statt drei Tänzer*innen und mit zwei Kameras begleitet, wurden an diesem Abend Plätze und Straßen des Hardenbergviertels und der Innenstadt bespielt.
Während das „Heraus-Klingeln“ der Menschen aus den Häusern in den Stadtteilen eine größere Wirkung hatte, wurde an diesem Abend aber ein größeres Laufpublikum erreicht.

Der Kurzfilm, der hier entstand, ist nicht für das Billboard, sondern die Netzpräsenz entwickelt, u.a. ist die in live „stille“ Performance hier mit Musik unterlegt.

Dauerhaft wird über einen QR-Code diese Aktivität in den Straßen des Viertels abzurufen sein. Dieser QR.-Code soll in der entsprechenden Straße angebracht werden, z.B. in Fenstern von Erdgeschosswohnungen oder Kiosken und anderen Ladenlokalen. Anfragen laufen. Über die zwei Jahre soll ein eigener Gang durch das/ein Viertel entstehen. Zielgruppe sind die Anwohnerinnen und Anwohner.

  • ACH DU LIEBER SCHWAN

Neue Zielgruppen erreichen!
Mit dem Tanzsolo “Ach du lieber Schwan“ wurde erforscht, wie zeitgenössischer Tanz speziell Kindern ab 3 Jahren vermittelt werden kann. Mit allen Sinnen, als Zuschauende und Tanzende gleichermaßen.
Was macht eigentlich ein Tänzer? Woher kommen seine Bewegungen? Wie entsteht eine Choreografie? Wie wird aus einem Mann ein Schwan?
Mit diesen Fragen beschäftigten sich Tänzer und Choreograf Andreas Simon und Regisseurin und Theaterpädagogin Anna Brass und erzählten die Geschichte eines alten, einsamen Schwans und wie er glücklich wird.

Der berühmte „Schwanensee“ diente dabei als Inspiration, es war aber nicht die Geschichte, sondern Tschaikowskis Musik, die durch das Stück begleitete. Eine Musik, die von vielen Schwänen erzählt, von Freunden. Eine Musik, die den alten Schwan, der keine Freunde hat, aus seiner Einsamkeit befreien kann.

Die eigene Umwelt wird zur Inspirationsquelle für eigene Bewegungen.
Was man dazu braucht? Eine gute Beobachtungsgabe, geschärfte Sinne und nicht zu viele Gedanken im Kopf.
Mit dem Projekt wurden Kinder und Kindergärten angesprochen, die den FREIraum21 fußläufig erreichen konnten.

Ziel war es auch, besonders den Kindergartenkindern nach der Corona bedingten weitreichenden Isolation wieder Zugang zu Kultur zu schaffen.
Die Premiere fand als Familienaufführung am 18.12.2022 um 16 h im FREIraum21 statt, zwei Vorstellungen für Kindergärten folgten am Mo, 19.12. und Di, 20.12. jeweils um 10 h.

Alle Vorstellungen waren ausverkauft und ein großer Erfolg.

  • WORKSHOPS

Tanzworkshops der Emanuele Soavi incompany am 05.11. und 03.12.2022, Fabrik Heeder

Schreiben mit dem Körper I
Der erste Tanzworkshop der ESincompany war im Rahmen von MOVE! ausgeschrieben für Tanzinteressierte ab 55 Jahren unter der Leitung von Emanuele Soavi und Lili M. Rampre.
Der Workshop hatte das Ziel, die Idee von Bewegung, Komposition und Choreografie in Bezug auf Text und den Begriff des Schreibens zu erforschen.
Mit diesem Fokus wurden einige Grundprinzipien der Bewegung vermittelt, wie z. B. die Bewegung als konzeptionelles Denken der Komposition, das Verständnis des Raums und das Verständnis des Körpers mit seinem Bewegungspotenzial als Werkzeug der kreativen Intervention. Der Workshop endete mit kurzen Aufführungen, die die Teilnehmer in kleineren Gruppen für einander vorbereiteten.

Schreiben mit dem Körper II
In diesem Workshop für Tanzinteressierte ab 18 Jahren gaben die Tänzerinnen Taeyeon Kim und Lisa Kirsch einen Einblick in die Arbeitsweise der Emanuele Soavi incompany.
Nach einem Warm-up, in dem der Fokus auf den Bewegungsprinzipien von ES incompany liegt, folgten einfache, improvisatorische Wahrnehmungsübungen, die sich mit dem Verhältnis von Körper und Raum beschäftigten. Erlernte Bewegungsprinzipien wurden zu kurzen Bewegungsabfolgen ausgearbeitet und in Paaren weitergeführt, wobei es ebenfalls erlaubt war, zu beobachten anstatt aktiv an dem Tanz teilzunehmen. Alle Teilnehmer haben sich sicher und wohl gefühlt und haben es genossen, zwischen stillem Beobachter und aktiven oder impulsempfangendem Tänzer zu switchen.

Schulworkshop mit Anna Brass am 13.12.2022, FREIraum21

Eine zweite Klasse der Freien Waldorfschule Krefeld kam in den FREIraum21, um zu erforschen, wie Bühnenproduktionen entstehen. Staunen. Horchen. Selber machen: Was braucht ein Theaterstück, um ein Theaterstück zu sein?

Gar nicht viel. Ein bisschen Bühne, Kostüm, Licht. Aber vor allem: Darsteller*innen.

Gemeinsam wurde eine Bühne eingerichtet, eingeleuchtet, der Publikumsraum aufgebaut, Requisiten vorbereitet, Musik ausgesucht und dann konnte die Reise starten:

Fliegen. Piraten. Feen. Abenteuer. Mit Bewegung, Tanz, Sprache und Improvisation begaben wir uns zusammen in Peter Pans Nimmerland. Alle waren Peter, alle waren Wendy, alle waren Piraten. Die Kinder haben aktiv hinter die Kulissen geschaut, ein Forscherausflug in die Bühnenwelt. 

  • RESEARCH / LIVING ROOM

Gemeinsame Stadterkundungen mit jeweils KrefelderInnen und KölnerInnen bildeten den Anfang.

Wie präsentiert sich Krefeld? Wo sind spannende Ecken, was sehen Ortsfremde aus ihrer Perspektive vielleicht anderes als die Ortsansässigen? Wo habe ich noch nie den Blick erhoben, was noch nie gesehen, obwohl ich täglich dran vorbeilaufe? Wie bewegen, verhalten, orientieren sich meine Mitmenschen?

Die Arbeitstheorie:

Menschliche Fragen nach Sicherheit, Erlösung, Erfüllung, Anerkennung, Gnade, Vergebung usw. scheinen universell zu sein. In unterschiedlichen Weltanschauungen, Religionen, Ethnien usw. werden darauf unterschiedliche Antworten und Methoden entwickelt. Immer haben diese Antworten und Methoden einen körperlichen Effekt (wie andere somato-psychischen Techniken allgemein). Aus dem Beobachten heraus, dem Studium der Körper, der Bewegungen, der Leiblichkeit entsteht performatives Umsetzen.
In der Weiterführung die Frage: Wenn wir nur dasitzen im öffentlichen Raum und Wasser verteilen (im Sommer), wer kommt auf uns zu? Wer setzt sich zu uns? Was sind die Themen der Menschen? Living Space an einem pinken Tisch auf dem Bürgersteig. Die Frage, die blieb: Haben die Menschen überhaupt noch Träume?

„Wir sammeln Träume“.

Mit einem Whiteboard, auf dem diese Worte standen und mit Papier, Stift und Aufnahmegeräten ausgestattet, zogen wir dann durch die Straßen und sammelten Träume der Passant*innen. Gute und schlechte, hoffnungsvolle und -lose, Lebensträume und die Träume der letzten Nacht.
Diejenigen, die uns ihre Träume anvertrauten, taten dies in kurzen Worten, manchmal entstanden auch längere Gespräche. In Schrift und Ton wurden die Träume der Krefelder*innen gesammelt und archiviert. Eine noch wachsende Träume-Sammlung.

In 2023 geht es weiter!

TOWARDS ist ein 2jahres Projekt des Werkhaus e.V. in Kooperation mit dem Kulturbüro/ Fabrik Heeder, gefördert durch:

über

Teile diesen Beitrag (ggf. AdBlocker anhalten)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert